Freitag, 30. Mai 2014

Männerdebatte zum Vatertag - ich hab' da was nicht verstanden

In der Rheinischen Post gab es zum Vatertag so einige Artikel zum heutigen Männerbild, inklusive einer Pro und Contra Gegenüberstellung:
"Männer sind Gewinner"
und
"Männer sind Verlierer"

Nein, ich will diese Debatte hier nicht weiterführen. Was ich nicht verstehe, und ich meine das keineswegs polemisch, sondern ganz ernsthaft, das ist der Gedankensprung, der vom "Männer sind Gewinner" - Autor hingelegt wird, dessen Kolumne sich nach weniger als der Hälfte des Textes völlig auf das Thema Homosexualität verlagert. Man mag das anreißen, ja. Im Sinne von: Auch das gehört zum heutigen Männerbild, bzw. darf heute dazugehören. Aber wenn ein solcher Text plötzlich nur noch über "Schwulen"rechte referiert, frage ich mich, ob hier nicht jemandem hätte auffallen müssen, dass es am Thema vorbeigeht?

Da lobe ich mir den Artikel von Christine Haderthauer:
"Enteiert mir die Jungs nicht"
der einige interessante und für mich neue Aspekte hatte. Ein Auszug:

Eines darf uns aber im Überschwang des frauenpolitischen Mainstreams nicht passieren: Dass wir alles, was "typisch weiblich" ist, heroisieren, und das, was Männer ausmacht, verteufeln. Besonders in unseren Schulen gewinnen die Mädchen ja immer deutlicher: Wer lange stillsitzen kann, wer Aufgaben einfach macht, anstatt sie zu hinterfragen, wer die Gruppenharmonie ungern stört, anstatt den Wettbewerb um Positionen zu suchen, der hat in Schule und Ausbildung die Nase vorne. Dennoch wäre es falsch, die Jungs deshalb in die Problemecke zu stellen. Das, was Jungs gut können, die Lust am Wettbewerb um Status und Anführerschaft, das Kräftemessen und der eher marginal ausgeprägte Perfektionismus, verbunden mit der Gabe, sich von Kritik nicht sonderlich beeindrucken zu lassen, das sind hochwichtige Eigenschaften im Echtleben. Spätestens in den Etagen von Macht und Geld kommt das böse Erwachen, wenn die fleißigen Mädchen merken, dass derjenige, der in der Schule immer von ihnen abgeschrieben hat, plötzlich ihr Chef ist. Dann erkennen sie, dass gute Noten und Fleiß vielleicht den Einstieg erleichtern, aber für den Aufstieg andere Faktoren entscheidend sind. [...] Wenn frau sich nicht rechtzeitig bei den Männern die Lust an Statusverhalten und Eigenmarketing abschaut und die Fähigkeit, die Schläge, die man in der ersten Reihe bekommt, sportlich einzustecken, wird ihr auch die Quote nicht helfen.

Ich hatte die Wahl. Schon wieder.

Weil nämlich in unserer Stadt eine Stichwahl zum Oberbürgermeisteramt stattfindet. Und da ich nun nicht genau wusste, ob ich es am Wahltag ins Wahllokal schaffen würde, hatte ich beschlossen, zum ersten Mal eine Briefwahl zu machen.

Nun hatte ich den Briefwahlantrag heute in der Tasche, als ich in der Stadt war, und dachte mir: gibst du den gleich im Rathaus ab.

Überraschung: Da saßen 10 (!) Leute in einem Raum und nahmen die entsprechenden Anträge entgegen, und ich erfuhr, wenn ich nun selber ich wäre, könne ich auch jetzt sofort wählen.

Ich habe dann kurz überlegt, ob ich heute ich bin und zugestimmt.

Dann wurde mir erklärt:
"Sie müssen nur den Wahlschein unterschreiben und damit bestätigen, dass Sie Sie sind. Den stecken Sie dann in den grauen Umschlag. Dann machen Sie ihr Kreuz auf dem Stimmzettel. Dieser kommt  in den roten Umschlag, den Sie zukleben und in den grauen Umschlag stecken, den Sie  ebenfalls zukleben. Danach werfen Sie den roten Umschlag in die Urne."

Aha. Doch so einfach.

Aber der Deutsche ist halt sehr genau. Oder sehr britisch? In der Wahlkabine nebenan gab es jedenfalls eine Szene, die sehr an Mr. Bean erinnerte:

Er legt sein Handtäschlein neben sich, das umständlich geöffnet wird.
Ein Kuli wird ausgewählt und penibel senkrecht zur Tischkante ausgerichtet.
Wahlschein und Stimmzettel werden entfaltet und zurechtgelegt.
Erneut wird das Handtäschlein geöffnet. Zum Vorschein kommt ein Pritstift.
Man(n) unterschreibt, kreuzt an, tütet wie vorgeschrieben ein (nicht ohne vorher akkurat gefaltet zu haben).

Und dann werden beide Umschläge sorgfältig per Pritstift verklebt.

Ich bin ein Wahldilettant.

Mittwoch, 28. Mai 2014

Die "liebe" Verwandschaft... und das "liebe" Geld... und was das alles mit Religion zu tun hat. - 2. Teil

Ja, und dann war da noch diese Geschichte:

Eine Schwangere wird von ihren lieben Verwandten (Vater, Brüder - ach ja, und einige "unbeteiligte" Steinewerfer waren auch dabei, die gerade Lust hatten, mal wieder im Namen der "Religion" aktiv zu werden) zu Tode gesteinigt.

Hier ein Artikel dazu: Artikel Die Welt 

Die Frau hatte den Mann geheiratet, den sie liebte.

Nein, keinen Christen, sondern einen Moslem. Aber die Familie war trotzdem nicht einverstanden. Und als man sich nun vor Gericht traf, dachte man sich wohl "ach, bringen wir sie doch einfach mal um" und griff sich einige Ziegelsteine.

Von wegen der Ehre.

Nö, eigentlich nicht. Und auch nicht von wegen der "Religion".

Denn wenn man weiterliest, erfährt man, dass die Familie für die Braut vom Bräutigam Geld verlangt hatte.

Okay, das sagt uns ja schon mal: Der Bräutigam wäre eigentlich schon recht gewesen. Nur Geld hätte er halt bringen müssen.

Hat er aber nicht. Hat stattdessen seine Braut einfach geheiratet.

Nun kann man spekulieren: Vielleicht war der Brautpreis so hoch, dass er ihn nicht bezahlen konnte? Vielleicht liebte er seine Braut so sehr, dass er es nicht über sich brachte, sie wie eine Kuh oder ein Pferd zu kaufen? Vielleicht war ja auch ein anderer Bräutigam in spe aufgetaucht, der ihn überboten hatte?

Jau, und nun ist einem also das schöne Brautgeld einfach durch die Lappen gegangen. Da kann man aber auch mal Lust zu einer kleinen Steinigung bekommen. Und hinterher nennt man das dann Ehrenmord, und "im Namen Allahs" oder "Allah will es". Will Er aber gar nicht. Und mit Religion hat das auch nichts zu tun. Es geht um Geld. Wieder mal.

Der Vater wurde verhaftet. Aber es ist wohl zu befürchten, dass er sich mit der Erklärung "Familienehre" und dem Ruf "Allah will es!" herausreden können wird.

Ganz ehrlich? Man könnte kotzen.

Die "liebe" Verwandschaft... und das "liebe" Geld... und was das alles mit Religion zu tun hat. - 1. Teil

Erst einmal erneut zu Meriam Ibrahim Ishag:
Die 27jährige hat gerade ihre Tochter zur Welt gebracht. In einem sudanesischen Gefängnis, wo sie auf ihre Hinrichtung wartet, zusammen mit ihrem 20 Monate alten Sohn. Gnädigerweise darf sie ihr Baby noch 2 Jahre stillen, ehe man sie erhängt. Die medizinischen, hygienischen und anderen Umstände, wie das Baby dort zur Welt kam, und unter denen sie und ihr Neugeborenes jetzt weiter "leben" müssen - das mag man sich gar nicht zu genau vorstellen.

Warum ist sie im Gefängnis? Wen hat sie ermordet? Die Antwort: Niemanden.

Denn das ist so: Die Mutter war Christin, und nachdem der Vater sich aus dem Staub gemacht hatte (kommt durchaus auch in Europa vor, sowas), hat die Mutter ihr Kind christlich erzogen. Und die hat dann auch einen Christen geheiratet.

Meriam, übrigens studierte Ärztin, heiratete also auch einen Christen. Ihr Mann, der an den Rollstuhl gefesselt ist, hat die sudanesische ebenso wie die US-Staatsbürgerschaft. Er ging in die USA, wollte seine Frau und Kinder nachholen. Dazu kam es nicht mehr.

Denn der verschwundene Erzeuger Meriams hatte anderswo eine neue Familie gegründet - Meriam hatte Geschwister, die sie aber nie gesehen oder getroffen hatte. Und diese liebe Familie bemerkte eines Tages "Hey, wir haben eine Schwester, die ist reich!" und fragte sich "Wie kommen wir an ihr 'Vermögen'?". Da ließ man sich einfallen, dass man die geliebte Schwester doch seit Jahren gesucht habe, und nun, wo man sie - die Muslima - gefunden hat, stellt sich heraus: Sie hat einen Christen geheiratet! Das geht doch nicht! Das muss man doch anzeigen!

Denn es ist so: Stirbt die Schwester, fällt ihr 'Vermögen' an die liebe Familie. Verlässt die Schwester das Land (was man ihr wünschen möge), fällt ihr 'Vermögen' an die liebe Familie. Wie immer es also ausgeht: Für die liebe Familie ist es eine win-win Situation.

So wird Religion missbraucht. Und ungebildete Menschen, denen eine krankhafte Hass-"Religion" gepredigt wurde, applaudieren. Und willfährige Richter findet man allerorten. Nicht nur im Sudan. Nicht erst heute.

Meriam hätte während des Prozesses "widerrufen" können - also zum muslimischen Glauben "zurückkehren" können. Das hätte ihr das Todesurteil durch Erhängen erspart. Sie hat sich geweigert. Das ist mehr als nur bewundernswert - dazu fehlen einem die Worte.

Die 100 Peitschenhiebe wären ihr trotzdem nicht erspart geblieben, denn eine Muslima, die einen Christen heiratet - das ist in den Augen der Richter kaum weniger verwerflich, als eine (angebliche) Muslima, die Christin wurde. Und ob man 100 Peitschenhiebe überleben kann...?

Können wir von hier aus etwas ändern? Ja, ich glaube... ich hoffe: Ja. Einfach, weil ich der Meinung bin, dass die sudanesische Regierung überrascht worden ist vom weltweiten Echo, das dieser barbarische Urteilsspruch erzeugt hat. Das darf nicht aufhören! Und diese "Geschichte" darf nicht von neuen Nachrichten einfach wieder verdrängt werden.

Es folgen Möglichkeiten, sich an Petitionen und Protesten zu beteiligen (bitte anklicken, wird verlinkt):
Petition an die sudanesische Botschaft
Petition SaveMeriam
Amnesty International
um nur einige zu nennen....


Himmelfahrt - war was?

Mir wurde heute mehrmals ein schöner Feiertag gewünscht, und einmal ein "schöner Vatertag" (sic). Ist ja auch ok - "Schöne Himmelfahrt" klänge doch etwas seltsam. Wobei - als Wunsch auch wieder nicht zu verachten.

"Och, nööö, muss das jetzt sein?", denkt man. Muss es nicht. Denkt sich so ja sogar schon meine kleine Kirche hier bei mir im Viertel: Da findet Himmelfahrt morgen jedenfalls nicht statt. Oder genauer: Da findet morgen gar nichts statt. "Himmelfahrt - war was?" Wohl eher nicht.

"Isso", sagen wir hier. Und zucken die Achseln.

Ich stelle mir deshalb lieber mal selber die Frage: Wie ist das denn nun mit dem Fest "Himmelfahrt"? Ist mir das wichtig?

Wir Katholen sind ja merkwürdig mit unseren Feiertagen: Einer geht nicht ohne den anderen. Einer führt hin zum anderen. Ohne Weihnachten kein Ostern. Ohne Ostern keine Himmelfahrt. Ohne Himmelfahrt kein Pfingsten.

Und da denke ich mir gerade: Ohne Pfingsten wären wir hier unten doch arg alleine. Weil: kein Heiliger Geist.

Okaaaay, da mag man nun fragen: Brauche ich den denn? Oder auch: Was ist "das" denn überhaupt - Heiliger Geist?

Unser Gewissen vielleicht?

Oder dieses Bild von früher, von einem, der dich "wie am Schnürchen" durch's Leben führt?

Sozusagen ein himmlisches Gesetzbuch, oder ein süßliches Schutzengelchen?

Da bleibe ich mal ganz Niederrheiner und sage: "Näh!"

Eher so:

Vielleicht nehme ich "ihn" wahr, wenn ich einen dieser seltenen Momente erlebe, in denen ich wie "aus heiterem Himmel" von außen auf mein Leben oder eine bestimmte Handlung blicke und sehe "da läuft aber was falsch" und ein-sehe "das musst du ändern".

Und vielleicht nehme ich "ihn" auch in einer Extremsituatin wahr, wenn ich denke, es geht nicht mehr, oder zu dem Problem gibt's keine Lösung - und dann sind, sozusagen "aus dem Nichts", plötzlich doch die Kraft, die Lösung, die richtigen Worte da.

Der Geist als mein persönlicher Beistand, der mir ab und an notwendig die Augen öffnet und mir, je nach Situation und Verfasstheit, entweder den nötigen Tritt in den, tschuldigung, Hintern oder die Zuversicht schenkende Umarmung oder aber das Portiönchen Weisheit gibt - woran es nun gerade mangelt.

Schöne Vorstellung. Hin auf Pfingsten eben. Ohne "Himmelfahrt" aber eben nicht.

Gesichter aus Alltagsdingen

Der Künstler

Victor Nunes

schafft Eindrucksvolles in 3D-Optik, einfach durch Einbeziehung simpler Alltagsgegenstände.

Viel Spaß beim Ansehen.

Dienstag, 27. Mai 2014

Malerei als Denkanstoß

Auf diesen Link zum San Francisco Globe wurde ich heute aufmerksam. Es werden Gemälde gezeigt von

Pawel Kuczynski

die mich sehr berühren und noch lange zum Nachdenken "verleiten" werden. 

Durchgendern auf Teufel komm raus...

...war heute angesagt beim Vortrag in der IHK:

Okay, der Redner hatte es ohnehin nicht so mit dem "fasse dich kurz", aber eine gefühlte Viertelstunde Zeitüberschreitung ging auf das Konto von einem wahren Feuerwerk von

"Ihr Chef oder Ihre Chefin - Ihr Ansprechpartner oder Ansprechpartnerin - Ihr Kollege oder Ihre Kollegin - Ihr Servicetechniker oder Ihre Servicetechnikerin - Ihr EDV-Mann oder -Frau - Ihr Kunde oder Ihre Kundin - der Konsul oder die Konsulin - Ihr Mitarbeiter oder Ihre Mitarbeiterin..."

Irgendwann wollte man einfach nur noch in die Tischkante beißen.

Aber wie gut, dass wir keine anderen Probleme haben.

Sonntag, 25. Mai 2014

BREAKING NEWS

News are coming in that an as of today unknown addition to the US Declaration of Independence was found in a broom cupboard at the National Archives in Washington, revealing that Independence from Great Britain was merely understood as a lease that will run run out after 240 years from signing the document, i.e. in 2016!

Queen Elizabeth II, who is in possession of the original document, is rumoured to have over the years ordered to have Buckingham Palace secretly torn down stone by stone (inside to outside, to make sure the process will go unnoticed for as long as possible), to be re-erected at a yet to be revealed spot in Manhattan - making NYC the new capital of the British Empire on July 4, 2016.

From sources wishing to remain unknown, we have heard that President Obama, after being informed about what's in store for his nation, has clandestinely started his own Corgy breeding farm somewhere on the Island of Hawaii, thus securing himself a modest income after his presidency.

Rumours also have it that the White House which will no longer be of use as a presidential residence, will be painted in a light duckegg colour, to serve as the new filming location for the next 24 seasons of "Downton Abbey".

Stay with us for news....

Wer die Wahl hat...

...der geht auch hin.

Zumindest diesmal. Komme gerade vom Wahllokal zurück - das letzte Mal, dass ich dort Schlange gestanden habe, war bei der Kakaoausgabe. Ach so, ja, ist nämlich meine alte Grundschule. Auf meine konsternierte Frage, ob ich etwa ausgerechnet den Zeitpunkt erwischt hätte, an dem alle zur Wahl galoppierten, erfuhr ich, dass Schlangestehen dort heute durchaus schon seite heute Morgen immer wieder üblich war. Einer der Wahlhelfer meinte, das läge wahrscheinlich auch daran, dass man ja "zugeschmissen" worden wäre, mit Wahlaufrufen. Über Facebook, Twitter, Whatsapp etc.

Okaaaaay......

Na, dann darf man ja mal gespannt sein, ob wir hier heute das - frei nach Asterix - trutzige gallische, äh, teutonische Dorf spielen, das der allgemeinen Wahlmüdigkeit trotzz, oder ob wir eine deutschlandweiten Trendwende erleben. Ich bin gespannt.

Freitag, 23. Mai 2014

Brief an Facebook

Hallo Facebook!

Vor drei  Tagen habe ich mich vorübergehend von dir getrennt - mit einer gewissen Inkonsequenz, zugegeben, denn wie du ja weißt, habe ich dich täglich einmal besucht, weil ich auf dem Laufenden bleiben will, was meine mir liebgewordenen Bloggerfreunde so neues von sich verlinken. Ich könnte natürlich auch alle Blogs täglich abgrasen, aber so geht es einfach schneller. Du siehst: Deine positiven Seiten erkenne ich durchaus an.

Meine Frage an mich ist nun: Was macht das mit mir? ;-)

Erst mal wird es dich freuen, zu hören, dass ich noch nie so viel über dich gesprochen habe, wie in diesen letzten Tagen! Ich bin immer noch baff erstaunt, wer mich alles auf meinen "Ausstieg" anspricht, und wie vielfältig die Meinungen dazu sind. (Ja, ich geb's zu: Ich bin auch so ein klitzekleines bisschen geschmeichelt, wie viele Leute sich für das, was ich schreibe - bei dir, und jetzt im Blog - interessieren. )

Da gibt es die Leute, die dich generell und immer schon ablehnten.
Leute, die mir - nachvollziehbar - deine guten Seiten schilderten.
Andere, die selber gerade über einen Rückzug von dir nachdenken.
Wieder andere, die dich - völlig zu Recht - als hervorragende Werbeplatform sehen (Doro, falls du das liest: Ich werde euer "Cappuccino" auch außerhalb Facebooks immer weiterempfehlen. Und sobald ich mich entschließe, wieder aktiver zu werden, auch eure Tiramisù wieder "teilen".)
Eine Freundin erzählte mir vom Anruf einer Freundin, die bei dir 850 (!) Freunde hat: keiner ihrer "Freunde" habe gerade Zeit für sie, und sie würde sich soooo langweilen, und ob man sich nicht mal wieder treffen und was trinken gehen könnte?

Es war gar nicht so einfach, so ohne dich. Vor allem unterwegs habe ich bei mir einen ständig vorhandenen Impuls verspürt, dich per Smartphone zum Leben zu erwecken: Beim Warten auf den Zug z.B., oder im Café in der Sonne sitzend. Andererseits erlebe ich fasziniert, auf wie viel "Umwelt" ich durch diese ständige Daddelei mit dir verzichtet habe.

Viel stärker war und ist jedoch der Impuls, schnell mal einen Post abzusetzen:

Über den Zug, der mal wieder nicht kommt, oder über die See-through-Leggins der Frau vor mir in der Warteschlange, die wirklich keine gute Idee war, oder über die aufgeschnappte Unterhaltung beim morgendlichen Umsteige-Kaffee beim Bahnhofsbäcker, oder über den Regenguss, der nun unbedingt 5 Minuten VOR dem Erreichen der Haustüre einsetzen musste. Wir müllen dich ganz schön mit Banalitäten zu, oder? Wenn ich es mir so überlege, ist das nicht deine, sondern unsere Schuld. Okay, okay, du machst es uns auch leicht, aber trotzdem - letztlich liegt die Entscheidung bei uns.

Naja, und dass ich dann heute im Café statt des Besuches bei dir zwischendurch 4 Quizduelle simultan gespielt habe - das sagt jetzt vieeeel mehr über mich aus als über dich. (Ach, Scheiß drauf, das ist mein Blog, also erlaube ich mir zu protzen: Alle 4 Duelle als Sieger beendet.)

Ich denke, ich komme eines Tages wieder. Nicht in dem Maße wie vorher, aber irgendwann werde auch ich bei dir wieder die eine oder andere Banalität posten. Aber nicht jetzt. Im Moment möchte ich mir beweisen, dass es ohne dich geht. Und, sorry mein Alter, ich fange gerade an, es ein bisschen zu genießen.

Man sieht sich.

Heike










Mittwoch, 21. Mai 2014

Facebook

Zuerst mal: Vielen Dank für euer vielfältiges und durchweg positives Feedback - ich hatte nicht damit gerechnet, dass meine  Ankündigung, mich (erst mal) aus Facebook zurückzuziehen, so viele Reaktionen (auch außerhalb Facebooks) und Rückfragen nach sich ziehen würde.

Warum ich es nicht tat:
Weil ich auf meine FB-Freunde böse oder durch sie genervt bin.
Weil ich sehen wollte, ob ein solcher Rückzug überhaupt jemanden interessiert.

Und zur reinen Sachlage:
Mein Account wird nicht gekündigt.
Meine PNs werden weiter beantwortet (wie gesagt, von denen unterrichtet mich ja lautstark mein Smartphone).
Und es ist durchaus möglich, dass ich die FB-Daddelei letztendlich doch so sehr vermisse, dass ich in einigen Wochen/Monaten wieder zurückkehre.

Zu den Gründen:

Diese sind in der letzten Zeit gewachsen, und zwar als zunehmender Frust über die Oberflächlichkeit Facebooks. (Das ist - dessen bin ich mir bewust - natürlich mein Problem.)

Genauer in Worte und Beispiele gepackt:

Durch Verlinkung oder eigenen Kommentar eines FB-Freundes zu einem Thema scheint eine interessante Diskussion möglich. Doch das jeweilige Posting versinkt binnen (sehr) kurzem in der neu hereinkommenden Datenflut und ist schnell unauffindbar geworden. Und selbst, wenn ich es wiederfinde: Mehr als ein Kratzen an der Oberfläche des Themas hat nicht stattgefunden. Das liegt weniger an der Natur der Nutzer, als an der Struktur Facebooks. Aber für einen Menschen, der gerne in die Tiefe geht, und der eine Diskussion auch einmal über einen längeren Zeitraum führt, ist das sehr schwer mitzutragen.

Ich erlebe, dass viele Beiträge zu ernsten Themen verlinkt werden. Nachrichten und Informationen, von denen sich der "Poster" wünscht, dass möglichst viele davon erfahren. Aufrufe, sich an Petitionen und Protesten zu beteiligen (so wie in dieser Woche im Falle der im Sudan zusammen mit ihrem Baby inhaftierten hochschwangeren Christin), verlinkt von einigen FB-Freunden, von denen man aus Erfahrung weiß, dass sie hier immer wieder "im Einsatz" sind, wenn ihnen Dinge unter den Nägeln brennen. Immer wieder die Bitte, zu teilen. Das Echo ist mäßig. Beim nächsten süßen Katzenfoto dagegen kann man gar nicht so schnell schauen, wie es die Runde um den FB-Globus macht.

Ich hatte heute auf den Lippen "Facebook ist ein Spiegel der oberflächlicher werdenden Gesellschaft". Aber inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob man nicht fast schon sagen muss "Facebook hat Anteil an der wachsenden Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft". Ich nenne es mal die "Facebook'sche Gewissensberuhigung":

Ich öffne Facebook.
Ah, ok, da haben einige Freunde Nachrichten verlinkt zur inhaftierten Christin im Sudan.
*klick-like* *klick-like* *klick-like*
Okay, schnell auch noch einen der Links selber teilen.
*klick-share*
Nun habe ich meine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht und es der sudanesischen Gerichtsbarkeit gleichzeitig mal so richtig gezeigt. 
Ah, da vermisst jemand seine entlaufene Katze.
*klick-share*
Und hier - da macht sich jemand Sorgen um seinen Job.
*klick-like* "Das wird schon."
Eine Freundin will die Delphine aus den Zoos und Shows befreien. Ach herrjeh, muss ich den Artikel jetzt lesen? Ach was.
*klick-like* und gut is.
Mal selber was verlinken: Mutige Frauen im Iran, die auf FB Bilder von sich posten. Unverschleiert. Interessiert außer mir nur keinen. Naja, immerhin hab' ich es verlinkt und damit mein Interesse gezeigt.
Eine Freundin wünscht allen eine Gute Nacht.
*klick-like*
*auslog*

Und da habe ich dann in 5-10 Minuten die ganze Bandbreite:
Mutige Meinungsäußerung.
Betroffenheit.
Unterstützung geben.
Freunden Anerkennung zollen.
Interaktion mit Freunden.

"Nur mal kurz die Welt retten...." und das auf dem Sofa sitzend, nur einen Finger muss ich krümmen. *klick* *klick* *klick*

Nur: Die Welt ist nachher noch genauso wie vorher. Hat sich was mit "retten". Die schwangere Sudanesin sitzt immer noch mit ihrem Baby im Gefängnis. Die Katze wurde von Spaziergängern gefunden, die FB gar nicht kennen, und zum Tierarzt gebracht. Die Delphine springen immer noch durch Reifen. Einige der iranischen Frauen wurden inzwischen verhaftet und sitzen ebenfalls im Gefängnis. Und die Freundin lag längst in süßen Träumen, als ich mein "like" setzte.

Aber mein Gewissen ist ruhig. Ich habe getan, was ich konnte. Das meine ich mit "Facebook'scher Gewissensberuhigung". Die kommt billig daher, und einlullend. Gefährlich einlullend, denn sie verhindert, dass Menschen sich wirklich = real engagieren.

Mein Problem ist, dass ich mir trotz meiner 48 Jahre und 1 Woche noch die kindliche Unvernunft bewahrt habe, die da sagt: "Ich will aber wirklich die Welt retten! Ich will mir nicht nur vorgaukeln, dass ich etwas verändere - ich will wirklich etwas verändern." Ja, so hochmütig kann man sein.

Ich denke, ich werde gelegentlich zu Facebook zurückkehren. Sobald ich mich von meinem Frust befreit und damit abgefunden habe, dass diese Platform eben wirklich nur "ein bisschen Spaß am Rande" ist. Und weil ich zu viele liebe Freunde dort habe, zu denen ich den Kontakt nicht verlieren möchte. Aber der wirkliche Kontakt, das ehrliche menschliche Miteinander, mit ehrlicher Besorgnis, Unterstützung, Zuhören, Ratschlägen, Umarmungen etc. - der muss anderswo stattfinden. Facebook ist in dieser Hinsicht ein großer Lügner.









"Under construction"

Heute hat mein - zeitweiser - Rückzug aus Facebook so vielfältige Reaktionen ausgelöst, und es gab so zahlreiche Rückfragen nach den Gründen, dass ich eine genauere Erklärung nicht schuldig bleiben will. Ich bitte nur um Verständnis, dass ich die nicht mit der heißen Nadel stricken, sondern in Ruhe ausformulieren möchte. Wenn es soweit ist, werde ich sie aber - dann doch wieder - auf Facebook verlinken.

Ein Blog. Mein Blog. Was fang' ich da nur wieder an?