Donnerstag, 26. Juni 2014

Meriam - schlechte Neuigkeiten

Wie hatten wir uns Montag (23. Juni) alle gefreut: Meriam war frei!
Aus dem Gefängnis abgeholt von ihrem Ehemann und ihrem Anwalt, und, wie es hieß, zu einem "sicheren Haus" gebracht. Wir alle hofften, es wäre nun ausgestanden und die Familie würde baldmöglichst den Sudan Richtung USA verlassen können.

Und dann, weniger als 24 Stunden später, das:
Meriam wird am Flughafen von 40 "Sicherheitsbeamten" verhaftet, mitsamt Ehemann und Kindern.

Die Informationen waren manchmal spärlich, dann wieder sich überschlagend und einander widersprechend. Mittlerweile entnehme ich verschiedenen britischen Medien ( BBC, Daily Mail, um nur zwei von ihnen zu nennen), folgende Fakten:

Die Familie war in einem Wagen der US-Botschaft zum Flughafen gefahren, in Begleitung des US-Vizekonsuls.

Nun wirft man ihr vor, sie habe mit gefälschten Reiseunterlagen das Land verlassen wollen: Einem "Emergency Travel Document" ausgestellt vom Südsudan, versehen mit einem Visum der USA.

Das ist so klar an den Haaren herbeigezogen - darüber muss man nicht streiten.

Anm.:
Ihr Ehemann besitzt neben der US-Staatsbürgerschaft auch die Staatsbürgerschaft des Südsudan, die damit eigentlich mit der Heirat auch seine Frau erhalten hat. Aber praktischerweise beruft sich das sudanesische (Un)Rechtssystem auf die Tatsache, dass ihre Heirat nicht anerkannt werden kann, da ihr als Muslimin (ein Stempel, den man ihr vor Gericht immer wieder aufdrücken wollte, und den sie immer wieder - auch unter Androhung der Todesstrafe - abgelehnt hat) eine solche Heirat nicht erlaubt ist .

Aber: Auf die Fälschung solcher Unterlagen steht im Sudan eine bis zu 7jährige Gefängnisstrafe.

Nun kann man trefflich spekulieren:

War die gesamte Freilassung ein einziger Coup, um die Eheleute (der Mann wird ja ebenfalls festgehalten) anschließend unter eine Anklage zu stellen, die nichts mehr mit der Christin Meriam zu tun hat (denn dies hatte ja den öffentlichen Aufschrei erst hervorgerufen), und um diese gleich noch der Öffentlichkeit als gewöhnliche Kriminelle vorführen zu können? Im eigenen Land dürfte das wohl sogar funktionieren?

Oder gibt es rivalisierende... ups... beinahe hätte ich gesagt "Banden im Sudan", aber ich meine natürlich die politischen Fraktionen, deren eine durch die Aufhebung des Todesurteils das Thema "Meriam" endlich abschließen wollte, während eine andere ihr politisches Kalkül eher darauf verlegt, vor ihrem Volk (= den Wählern) als strenge Verfechter des "islamischen Rechts" aufzutreten.

Leider ist jedoch der - augenblickliche - Ausgang in beiden Fällen gleich:
Eine Gefängniszelle.

Ein wahrer "Schlag ins Gesicht" (wie es jemand treffend formulierte), ist ein Statement, das auf der Homepage der sudanesischen Botschaft in Deutschland zu finden ist:
Statement
Lest es mal (es ist auf Deutsch geschrieben). Da sind die Märchen aus 1001 Nacht ein Dreck gegen! Mein absoluter Favorit ist dieser Satz:

Die o.g. Person (= Meriam, Anm. von mir) wurde vor ein unabhängiges, unparteiisches, öffentliches Gericht gebracht; alle Voraussetzungen für ein faires Verfahren sind gegeben.

Wobei man natürlich argumentieren kann:
Ja, die VORAUSSETZUNGEN für ein faires Verfahren waren vielleicht gegeben - es hat nur keines stattgefunden.

Man kann der Botschaft übrigens eine Mail schicken:
poststelle@botschaft-sudan.de

Damit hier erst mal nur die trockenen Fakten. Einige Links zum Nachlesen:
Daily Mail
BBC
The Guardian
Facebookseite zum Thema

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