Mittwoch, 27. Mai 2015

Turin - ein Besuch

In Turin war ich. In Rom bin ich. Aus Deutschland kam ich. Und jetzt? Oder wie man so schön fragt:
Was macht das jetzt mit mir?

Ich fange mit dem Moment an, als ich vorgestern mit zwei Freunden vor dem Turiner Grabtuch stand. In einigen Metern Entfernung, umgeben von noch vielleicht weiteren 20-25 Menschen, und begleitet von einer Stimme, die uns erklärte, was uns einführend vorab bereits ein Film zum Grabtuch weit anschaulicher erklärt hatte. Nach viel zu kurzer Zeit mussten wir gehen, denn die nächste Gruppe wartete. Wieviel mehr hätte ich mir einfach 5 Minuten Stille gewünscht.

Ich hatte geglaubt, ich ginge nicht unvorbereitet in diesen Moment; ich hatte mich  vorher mit dem Grabtuch beschäftigt. Und nun stand ich da, dort draußen, nach langer Anreise, und war...

....nein, enttäuscht will ich es nicht nennen. Eher wäre wohl "verwirrt" das Wort. Fragend.

Ist es denn nicht das Ziel einer Pilgerreise, Spuren bei mir zu hinterlassen? Mir vielleicht auch etwas zu "geben"?

Ich hatte da so einiges nicht verstanden.

Den Dom verließ ich jedenfalls ziemlich ernüchtert. Zum Glück hatten meine beiden Freunde, die mit mir unterwegs waren, die gute Idee, anschließend in einer Kirche zur Ruhe zu kommen.

Und da wurde mir in der Rückschau auf die vergangenen Tage plötzlich klar, dass die Reise zum Grabtuch für mich einen anderen Sinn gehabt hatte, als der eine Moment der großen spirituellen Erfahrung zu sein, wie ihn mancher sicherlich erlebt. Ganz klar hatte ich plötzlich im Erinnern an bestimmte Teile der Anreise den Satz im Kopf: "Der Weg war dein Ziel."

Nicht unbedingt neu, dieser Satz, ich weiß. Und eigentlich genau jene Art ausgelutschter Facebookspruch, die ich so gaaaaar nicht mag. Manchmal steckt eben doch Wahrheit drin.

Meine Reise von Turin nach Rom dauerte 50 Minuten. unsere Reise von NRW nach Turin dagegen zwei ganze Tage. Verkehrte (Reise)Welt.

Was zählte, für meinen Besuch beim Turiner Grabtuch, war die Anreise, oder besser gesagt das, was dabei so alles innerlich in mir vorgegangen war. Nun will und kann ich hier keinen Seelenstriptease vollziehen, also belasse ich es bei zwei Beispielen.

Ein harmloses Gespräch über EBooks sorgte dafür, dass kurz darauf die Erinnerung an meinen Geburtstag vor 3 Jahren hochkam, als meine inzwischen verstorbene Schwester mir meinen EReader geschenkt hatte, und wie sie sich darüber gefreut hatte, dass ich mich so freute. Und mich erwischte ein heulendes Elend, mit dem ich so nicht mehr gerechnet hatte. Da ist noch vieles aufzuarbeiten, wie ich jetzt weiß.

Und als ein Mensch, der gerne liebe Menschen um sich hat, aber dem zu viel und zu anhaltende Nähe immer ein wenig ein "Graus" war (O-Ton ich: "Ich habe halt gerne wenigstens EINE Türe, die ich hinter mir schließen kann."), war es eine interessante Erfahrung, dass man Nähe durchaus aushalten kann.

Das muss reichen als Beispiele dazu, was ich so über mich selber herausgefunden habe, auf meinem inneren Weg zum Grabtuch. Von der äußeren Reise erzähle ich dann mal anhand einiger Fotos, wenn ich wieder zu Hause bin.

Ach ja, etwas anderes ging mir in der Kirche noch auf: Eine Pilgerreise unternimmt man eigentlich nicht für sich selbst. Man pilgert für "Jemand Anderen", sozusagen Ihm zu Ehren, oder Ihm zu Gedenken. Und zu Gedenken und zu Ehren gibt es mit Blick auf das Grabtuch mehr, als sich je in Worte fassen ließe.

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